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Ist mein Kind psychisch krank?


Der Bedarf nach psychotherapeutischer Hilfe steigt deutlich an – und das auch für Kinder und Jugendliche.

Fast jede fünfte Person unter 18 Jahren erkrankt innerhalb eines Jahres an psychischen Problemen.

Zudem hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich psychotherapeutisch behandeln lassen, im Zeitraum von 2009 bis 2019 fast verdoppelt. Die Folgen der Pandemie in Bezug auf die mentale Gesundheit von Kindern ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Im Jahr 2019 begaben sich Kinder und Jugendliche am häufigsten aufgrund von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen in Behandlung, dicht gefolgt von Depressionen und Angststörungen. Aber wie läuft der Weg bis hin zu einer Diagnose ab?

Im ersten Teil des Beitrags wird es darum gehen, wie Eltern erkennen können, ob das eigene Kind psychische Probleme hat und woher sie eigentlich kommen können. Nach dieser theoretischen Grundlage soll es nächste Woche mit einem praktischen Beitrag für Eltern weitergehen, der sich dann mit der Frage „Was kann ich für mein Kind tun?“ beschäftigt.


Woran merke ich, dass mein Kind psychisch krank ist?

Als Eltern kann es manchmal schwierig sein, zwischen vorübergehenden Phasen und ernsten Verhaltensauffälligkeiten der eigenen Kinder zu unterscheiden. Wo liegt die Grenze? Wann muss ich mir Sorgen machen? Ist es normal, dass der Sohn sich nicht mit Freund:innen treffen möchte und sich in seinem Zimmer einsperrt? Ist es noch normal, dass die Tochter am Esstisch die Kalorien zählt?

Krisen und Entwicklungsschritte gehören zur Kindheit und zum Erwachsenwerden dazu. Auch psychische Probleme sind im Laufe des Lebens nicht unüblich und treten wie körperliche Krankheiten bei vielen Menschen von Jung bis Alt auf. Daher gilt zuerst einmal kein Grund zur Sorge. Jedes Kind reagiert anders auf Herausforderungen und bewältigt verschiedene Entwicklungsstadien auf vielfältige Art und Weise.

Als Eltern kennst du dein Kind meist sehr gut und entwickelst ein Bauchgefühl für das Wohlergehen und die Gesundheit des eigenen Kindes. Bei psychischen Krisen kann es aber sein, dass man sich trotzdem unsicher ist – sowohl im Erkennen als auch im Umgang damit. Ein Warnzeichen für psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen ist altersuntypisches Verhalten. Wenn ein vierjähriges Kind weint und schreit, weil es nicht allein sein möchte, ist das etwas anderes, als wenn das zwölfjährige Kind keine Stunde alleine gelassen werden kann. Man sollte sich also immer fragen, welche Verhaltensweisen für den Entwicklungsstand des Kindes angemessen sind. Bei dieser Einschätzung können auch Elternratgeber über die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen helfen. Ein weiteres Warnzeichen sind außerdem plötzliche und starke Veränderungen. Beispiele dafür sind ein überraschender Leistungsabfall in der Schule oder extremer Gewichtsverlust oder -zunahme. Manche Kinder und Jugendliche ziehen sich sozial zurück, werden aggressiver als sonst oder sehr traurig. Auch körperliche Beschwerden wie häufig auftretendes Bauchweh oder Kopfschmerzen können psychische Belastungen ausdrücken. Veränderungen können also vielfältig aussehen und sollten auf jeden Fall individuell betrachtet werden. Eine psychische Erkrankung kann sich auf verschiedensten Wegen zeigen. Bei Unsicherheit kann es helfen, andere erwachsene Bezugspersonen hinzuzuziehen. Sprich den Fußballtrainer, die Oma oder auch die Lehrerin auf deine Beobachtungen an und frage nach, ob auch sie diese Veränderungen beim Kind wahrnehmen.


Warum ist mein Kind psychisch krank?

Viele Eltern quälen sich mit der Frage nach dem Warum und der Angst, an etwas schuld zu sein. Eine psychische Erkrankung ist allerdings sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindesalter eine komplexe Angelegenheit und wird durch viele verschiedene Faktoren begünstigt. Zudem entstehen über die Hälfte aller psychischen Störungen bereits vor dem 19. Lebensjahr, was bedeutet, dass psychische Probleme in der Kindheit keinesfalls eine Ausnahme darstellen. Im Folgenden sind mögliche Risikofaktoren beschrieben, die zu einer psychischen Erkrankung führen können.

  • Wenig sozioökonomische Ressourcen, das heißt beispielsweise ein geringes Einkommen oder niedriger Bildungsabschluss in der Familie geht häufig einher mit höheren psychosozialen Belastungen wie enge Wohnsituationen oder Konflikte

  • Wenig emotionaler Rückhalt aus der Familie

  • Fehlende soziale Kontakte

  • Chronische körperliche Erkrankungen wie zum Beispiel Adipositas oder Diabetes

  • Traumatische oder hochbelastende Erlebnisse wie zum Beispiel Scheidung der Eltern, Alkoholmissbrauch in der Familie, Krankheit oder Tod in der Verwandtschaft

  • Erkrankungen der eigenen Eltern sind teilweise genetisch vererbbar


Du hast das Gefühl, dein Kind braucht mehr Unterstützung oder professionelle Hilfe? Nächste Woche erfährst du, wie eine Therapieplatzsuche abläuft, welche Unterstützungsangebote es in und außerhalb der Schule gibt und wie du dein Kind im Alltag unterstützen kannst.



Quellen

Grobe, T. G. & Szecsenyi, J. (2021). Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse: Band 27. BARMER.


Bundespsychotherapeutenkammer BPtK. (2020). Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Faktenblatt.


Bundespsychotherapeutenkammer (Hrsg). (2021). Elternratgeber Psychotherapie. Berlin.


Robert Bosch Stiftung. (2022). Das Deutsche Schulbarometer. Eine repräsentative Befragung von Schulleitungen. Forsa. https://www.deutsches-schulportal.de


Otto, A. (4. November 2022). Psychisch kranke Kinder: Hilfe für Eltern. Psychologie Heute. https://www.psychologie-heute.de/familie/artikel-detailansicht/42317-psychisch-kranke-kinder-hilfe-fuer-eltern.html


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