Einsamkeit – damit bist du nicht allein!
- Inga
- 30. Apr.
- 4 Min. Lesezeit

Einsamkeit tut weh. Sie bringt emotionale Schmerzen mit sich und betrifft inzwischen weite Teile der Gesellschaft. Im Jahr 2017 fühlten sich 14,2 % der deutschen Bevölkerung einsam – 2021 waren es schon 48 %. Menschen, die sich dauerhaft einsam fühlen, haben ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angststörungen, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes. Als Reaktion auf diese besorgniserregenden Entwicklungen veröffentlichte die Bundesregierung 2023 eine „Strategie gegen Einsamkeit“.
Was ist Einsamkeit?
Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das aus einer Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlich bestehenden sozialen Beziehungen entsteht (Peplau & Perlman, 1982). Sie ist nicht gleichzusetzen mit Alleinsein. So wie Hunger ein Signal für Nahrungsbedarf ist, weist Einsamkeit auf ein unerfülltes menschliches Grundbedürfnis nach Nähe und Verbundenheit hin. Einsamkeit kann Menschen jeden Alters treffen – unabhängig von Geschlecht, sozialem Status oder Herkunft.
Einsamkeit in allen Altersgruppen
Lange galt Einsamkeit vor allem als Problem älterer Menschen. Sie leben häufiger allein, sind nach der Rente weniger sozial eingebunden oder haben geliebte Menschen verloren. Doch die Corona-Pandemie hat gezeigt: Auch junge Menschen sind stark betroffen. 2020 fühlten sich laut Einsamkeitsbarometer 2024 rund 31,8 % der jungen Erwachsenen regelmäßig einsam.
Heute leben wir in einer hochgradig vernetzten, digitalen Welt – und dennoch fühlen sich viele Menschen einsamer denn je. Ältere Menschen sind oft objektiv allein, während sich Jüngere trotz sozialer Kontakte einsam fühlen.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichte 2024 in ihrem Einsamkeitsbarometer statistische Daten über die subjektiv wahrgenommene Einsamkeit der Altersgruppen ab 18 Jahren in dem Zeitraum von 1991 bis 2021, welche den signifikanten Anstieg während der Corona-Pandemie 2020 anzeigt. Somit haben sich 31,8 % der jungen Erwachsenen im Jahr 2020 regelmäßig einsam gefühlt. Auch wenn die Zahlen ab 2021 wieder gesunken ist, ist Einsamkeit in der heutigen Gesellschaft weiterhin ein Problem.
Besonders betroffen sind:
· Erwerbslose Menschen und Personen mit geringen Einkommen
· Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung
· Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen
· Wohnungslose Menschen
· Menschen in Pflegeeinrichtungen
· Alleinerziehende
· Unverheiratete Menschen
· Introvertierte oder emotional instabile Menschen.

Ursachen von Einsamkeit
Die Gründe für Einsamkeit sind vielfältig. Häufige Auslöser sind:
· Soziale Isolation durch Umzüge, Trennungen oder Verluste
· Digitale Kommunikation, die echte Begegnungen ersetzt
· Psychische Belastungen wie Selbstzweifel, soziale Ängste oder Depressionen
· Gesellschaftliche Veränderungen, die zu mehr Single-Haushalten und weniger Alltagskontakt führen Zunehmend zieht sich unsere Gesellschaft zurück – gemeinsame Aktivitäten im öffentlichen Raum nehmen ab.
Auswirkungen von Einsamkeit
Einsamkeit betrifft nicht nur die Psyche, sondern auch die körperliche Gesundheit:
Individuelle Folgen:
· Physisch: Höheres Risiko für Diabetes, Herzkrankheiten, Demenz, verkürzte Lebenserwartung
· Psychisch: Depressionen, Schlafstörungen, Suizidgedanken
· Psychosozial: Geringeres Selbstwertgefühl, Misstrauen, Rückzug
Gesellschaftliche Folgen:
· Weniger sozialer Zusammenhalt
· Geringeres politisches Engagement
· Sinkende Hilfsbereitschaft
· Steigende Gesundheitskosten
Einsamkeit & Scham
Einsamkeit und Scham sind eng miteinander verbunden. Menschen, die sich einsam fühlen, empfinden oft Scham darüber, dass sie keine oder nur wenige sozialen Kontakte haben. Gleichzeitig kann Scham dazu führen, dass sie sich noch mehr zurückziehen – was die Einsamkeit weiter verstärkt.
Warum Einsamkeit oft mit Scham einhergeht:
· Soziale Normen & Erwartungen: In unserer Gesellschaft wird soziale Vernetzung als Zeichen von Erfolg und Glück betrachtet. Wer einsam ist, fühlt sich oft „anders“ oder „nicht gut genug“.
· Selbstwertprobleme: Einsamkeit kann das Selbstwertgefühl senken – Betroffene fragen sich: „Was stimmt nicht mit mir?“
· Angst vor Zurückweisung: Wer sich für seine Einsamkeit schämt, meidet oft soziale Situationen aus Angst, nicht akzeptiert zu werden. Beispiel: Eine Person, die über längere Zeit keine engen Freundschaften hatte, könnte sich selbst als „nicht liebenswert“ betrachten und aus Angst vor Ablehnung keine neuen Kontakte knüpfen.
Einsamkeit und Scham sind eng verknüpft und können sich gegenseitig verstärken. Der erste Schritt aus diesem Kreislauf ist, Schamgefühle bewusst wahrzunehmen, sie nicht als persönlichen Makel zu sehen und aktiv nach sozialen Verbindungen zu suchen – auch wenn es zunächst schwerfällt.
Resilienz – ein Schutzfaktorgegen Einsamkeit
Resilienz bedeutet psychische Widerstandskraft – also die Fähigkeit, mit Krisen umzugehen und daran zu wachsen. Sie ist erlernbar und kann dabei helfen, mit Einsamkeit besser umzugehen.
Wie hilft Resilienz konkret?
Emotionale Selbstregulation: Resiliente Menschen können mit negativen Gefühlen besser umgehen.
Beziehungsmanagement: Sie suchen aktiv sozialen Kontakt und pflegen bestehende Beziehungen.
Stabiles Selbstbild: Sie vertrauen auf ihre Stärken und unternehmen selbst Schritte zur Veränderung.
Umdeutung: Sie sehen Einsamkeit als Chance zur Selbstreflexion und Entwicklung.
So lässt sich Resilienz stärken:
· Soziale Kontakte pflegen – auch wenn es Überwindung kostet
· Dankbarkeit und Achtsamkeit praktizieren
· Eigene Stärken erkennen und wertschätzen
· Sich sinnvolle Routinen schaffen – z. B. Sport, Kreativität, Ehrenamt
Ein Beispiel für Resilienzförderung ist das Projekt „Fit und verbunden gegen Einsamkeit“ des DOSB. Hier wird der Sport gezielt genutzt, um Begegnungen zu schaffen und Einsamkeit zu bekämpfen.
Strategie gegen Einsamkeit – Eine Initiative der Bundesregierung

Mit der Initiative „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ verfolgt die Bundesregierung eine ressortübergreifende Strategie mit fünf Zielen:
Sensibilisierung der Gesellschaft für das Thema Einsamkeit.
Wissenschaftliche Vertiefung durch Studien und Monitoring.
Prävention durch soziale und bildungspolitische Maßnahmen.
Intervention über konkrete Hilfsangebote.
Strukturelle Verankerung von Einsamkeitsprävention in politischen und sozialen Strukturen.
Zudem fördert das Ministerium Modellprojekte, die neue Begegnungsräume schaffen – zum Beispiel für gemeinschaftliches Kochen, Musizieren oder Nachbarschaftsaktionen.
Hier kommst du zum offiziellen Flyer des Kompetenznetz Einsamkeit
Wo finde ich Hilfe?
Du musst nicht allein bleiben. Es gibt zahlreiche Angebote:
Telefonseelsorge: Rund um die Uhr, anonym und kostenlos: 0800 111 0 111 / 0800 111 0 222
Krisenchat.de: Für junge Menschen bis 25 Jahre: www.krisenchat.de
Angebotslandkarte des KNE: Regionale Hilfeangebote nach Postleitzahl
Nachbarschaftscafés, Spaziergruppen, Vereine
Hausärzt:innen und Beratungsstellen als erste Ansprechpartner
Fazit
Einsamkeit ist mehr als ein leiser Schatten – sie kann schwer auf Körper und Seele lasten. Aber: Sie ist nicht unvermeidlich. Es gibt Wege hinaus. Egal, ob du dich heute einsam fühlst oder jemanden kennst, dem es so geht – es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu machen.
📌 Sprich darüber.
📌 Such dir Unterstützung.
📌 Lass Verbindung zu – auch wenn sie klein beginnt.
Einsamkeit ist kein Makel. Und Verbindung ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass niemand übersehen wird. Und dass sich mehr Menschen wieder gesehen fühlen.
Quellen
https://www.bmfsfj.de/resource/blob/240528/5a00706c4e1d60528b4fed062e9debcc/einsamkeitsbarometer-2024-data.pdf
https://kompetenznetz-einsamkeit.de/publikationen/kne-forschung/kne-forschung-01-2024-einsamkeit-unter-vielen
https://kompetenznetz-einsamkeit.de/einsamkeit
https://www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/service/meldungen/wilke-einsamkeit/
https://www.bmfsfj.de/resource/blob/234584/9c0557454d1156026525fe67061e292e/2023-strategie-gegen-einsamkeit-data.pdf
https://www.dosb.de/themen/mensch-und-sportverein/breitensport-und-gesundheit/fitundverbunden
https://krisenchat.de/
Bildquellen: https://pixabay.com/photos/window-portra
Comentarios