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Wie Social-Media-Influencer von unserem Neid profitieren.

  • Monique
  • 6. Nov.
  • 5 Min. Lesezeit

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Facebook, Instagram, TikTok und wie sie nicht alle heißen… Social Media Plattformen begleiten unseren Alltag nun schon seit einer Weile. Sie sind zum einen Orte, an denen Menschen sich einfach miteinander vernetzen und austauschen können. Zum anderen sind sie aber inzwischen auch Marktplätze auf denen Influencer neben Ruhm und Ansehen nicht selten auch beträchtlichen finanziellen Wohlstand erlangen. Werbepartnerschaften mit Unternehmen machen es möglich. Eine Win-Win-Situation. Die Unternehmen profitieren von der Reichweite der Influencer und diese wiederum vom finanziellen Bonus durch die Unternehmen. Wenn es sich um ein besonders angesagtes Unternehmen handelt, lässt das den/die  Influencer/in wiederum als besonders angesagt dastehen, was zu mehr Followern führt, das wiederum zu besseren Kooperationen mit noch angesagteren Unternehmen, etc…



Was sind eigentlich Influencer und warum finden wir sie so toll?

Influencer sind im Grunde Menschen wie du und ich. Es sind Personen, die sehr eindrücklich Teile ihres Lebens präsentieren. Besonders gern hat es der Betrachter, wenn diese Teile des Lebens so authentisch wie möglich, aber gleichzeitig auch so intensiv wie möglich sind. Influencer müssen also ständig das Alltägliche mit dem Besonderen in ihren Darbietungen vereinen, was oft zu verzerrten und überhöhten Darstellungen führen kann. Ein Leben am dauerhaften Limit mit so viel Alltäglichem wie möglich. Ein gepostetes Mittagessen mit Kollegen ist z.B. nicht nur ein Mittagessen, sondern ein ganzes Erlebnis! Nun kann aber schließlich jeder von uns einen Account eröffnen und Dinge posten. Das erweckt den Eindruck, dass es auch jeder von uns schaffen könnte, in gewissem Maße ein/e Influencer/in zu werden. Wir entstammen quasi einer gemeinsamen Lebenswelt und fühlen uns daher irgendwie verbundener mit Social-Media-Influencern, als mit den Mainstream-Prominenten, welche wir vor Social-Media „kannten“. Diese Verbundenheit führt zu einer Art Bewunderung. Diese Bewunderung wiederum führt zwangsläufig dummerweise zu einer hierarchischen Beziehung. Der/die Bewunderte ist höher gestellt als man selbst. Wie geht man nun mit dieser Situation um?


Hier kommen der Soziale Vergleich und der Neid ins Spiel

Da wir Menschen nunmal einfach nicht umhin kommen, uns untereinander zu vergleichen, werden wir sehr schnell eine Diskrepanz zwischen uns selbst und der Stellung des/der Influencers/in wahrnehmen. Diese Diskrepanz verursacht fast unweigerlich ein unangenehmes Gefühl von Neid. Der/die Beneidete „hat“ etwas, das wir selbst auch wollen. Dabei ist es unerheblich, worum es sich hier handelt. Ruhm, Geld, Aussehen, Fitness, Kleidung, Haustiere, oder auch nur ein bestimmtes Accessoire, dass immer zu sehen ist - die Liste ist endlos. Es ist ein unzufriedenstellender Aufwärtsvergleich, der zu Neid führt. Nun gibt es zwei Arten von Neid: den Gutartigen und den Bösartigen. (Wenn du mehr zum Thema „Sozialer Vergleich und den beiden Arten von Neid erfahren möchtest, dann lies gern unseren Blogartikel dazu: https://www.psytastic.de/post/neid-ist-nicht-gleich-neid-vom-beneiden-und-missgönnen-oder-vom-wetteifern-und-beneiden ) Im Falle von Influencern sind wir diesen eher gutartig neidisch gesinnt, wenn wir das Gefühl haben, dass sie ihren Erfolg verdient haben. Wenn sie ihre Anhängerschaft  z. B. mit fiel Fleiß und über einen längeren Zeitraum hinweg organisch aufgebaut und erarbeitet haben. Wenn wir allerdings das Gefühl bekommen, dass deren Erfolg auf gekauften likes oder hauptsächlich auf der Zusammenarbeit mit schon etablierten Influencern beruht, empfinden wir dies als nicht gerechtfertigt und sind eher bösartig neidisch.


Wie die beiden Arten des Neids unser Verhalten auf den sozialen Plattformen und in unserem echten Leben beeinflussen

P. Mähner, C. Riede und D. Tscheulin haben 2024 genau diese Frage untersucht und festgestellt, dass Follower von Influencer/innen tatsächlich unterschiedliches Verhalten an den Tag legen, je nachdem, ob sie diesen mit gutartigem oder bösartigem Neid gegenüberstehen.

Beide Arten von Neid führen zwar dazu, die wahrgenommene Lücke der eigenen Stellung und der Stellung der beneideten Person minimieren zu wollen. Gutartiger Neid hat allerdings zur Folge, dass man versucht, die eigene Position zu verbessern (aufwärts gerichtete Motivation), während bösartiger Neid dazu führt, die Position der beneideten Person zu schädigen (abwärts gerichtete Motivation). Weitere Erklärungen dazu sind ebenfalls im oben genannten, älteren Blogartikel zu finden. In sozialen Netzwerken sieht dies konkret häufig so aus, dass wir im Falle von wahrgenommener Verdientheit des Erfolgs Influencer/innen weiterempfehlen, likes dalassen und nette Kommentare abgeben. Im echten Leben sind wir eher geneigt, Produkte zu kaufen, welche von eben jenen Influencer/innen durch Werbekooperationen angepriesen werden. Somit haben wir das Gefühl, unserem/unserer LieblingsInfluencer/in einen Gefallen getan zu haben, selbst ein Schnäppchen gemacht zu haben und vor allem ihm/ihr etwas ähnlicher zu sein. Wir versuchen sozusagen, den Lebensstil des/der Influencers/in nachzuahmen so gut es eben geht. Empfinden wir dagegen den Erfolg des/der beneideten Influencer/in als nicht gerechtfertigt, empfehlen wir diese im sozialen Netz nicht weiter, hinterlassen eher abwertende Kommentare oder distanzieren uns gänzlich (entfolgen). Wir versuchen also, ihnen zu schaden, wo wir nur können.


Und nun stellt sich folgerichtig die Frage:


Können wir unseren Geldbeutel schützen, wenn wir nur noch auf Influencer achtgeben, die wir bösartig beneiden?

Denn im Umkehrschluss zu dem, was wir bisher gelernt haben, sollte sich wohl auch unser Kaufverhalten unterscheiden, wenn wir empfinden, dass der/die Influencer/in seinen/ihren Ruhm zu Unrecht erlangt hat. Wie leider in der Untersuchung von P. Mähner, C. Riede und D. Tscheulin herauskam, lässt sich diese Hypothese nicht halten. In ihrer experimentellen Studie untersuchten sie die wahrgenommene Verdientheit des Erfolgs von Influencern und ob diese weiterempfohlen werden würden, sowie die Kaufbereitschaft für die von eben jenen  Influencern beworbenen Produkte (hier war es Sportkleidung einer fiktiven Marke). Die Ergebnisse zeigten, dass erwartungsgemäß Influencer/innen eher weiterempfohlen würden, wenn sie ihren Erfolg gefühlt verdient hatten (gutartiger Neid), als wenn ihnen der Verdienst nicht zustünde (bösartiger Neid). Das geplante Kaufverhalten der angepriesenen Produkte unterscheid sich allerdings in beiden Kategorien überraschend nicht signifikant.


P. Mähner, C. Riede und D. Tscheulin geben als mögliche Erklärung für die überraschenden Befunde zum Kaufverhalten an, dass Konsumenten vielleicht in erster Linie das Produkt und seine Eigenschaften bewerten. Doch dies bleibt nur eine Möglichkeit, welche weiter untersucht werden müsste.


Sind wir also dazu verdammt, weiterhin Produkte zu kaufen, auch wenn wir den/die präsentierende/n Influencer/in eigentlich gar nicht mögen? Oder böse Kommentare dazulassen?

Wenn man der Studie von P. Mähner, C. Riede und D. Tscheulin Glauben schenken mag, sieht es wohl fast so aus. Ich persönlich sehe das ein wenig anders. Ich sage ja nicht, dass keines der Produkte einen Mehrwert für uns bieten kann. Aber wir sollten uns mit viel Achtsamkeit öfter einmal die folgenden (und noch andere) Fragen stellen:


Will ich eigentlich wirklich so sein, wie er/sie? Bevorzuge ich ein solches Leben am dauerhaften Limit tatsächlich gegenüber dem Meinen? Brauche ich den Gegenstand tatsächlich? Bereichert er mein Leben tatsächlich? Oder bringt er mich nur minimal einer unrealistischen, erdachten Situation näher und befriedigt nur kurz mein Ego? Was bringt  es mir, böse Kommentare dazulassen? Muss ich überhaupt schlecht über jemanden sprechen, den ich nicht einmal persönlich kenne?


Ich bin überzeugt davon, dass wir von vielen Influencern etwas mitnehmen können und auch davon, dass einige, der von ihnen angepriesenen Produkte hilfreich sein können. Viele davon würden wir vermutlich auch niemals im normalen Einzelhandel finden… Aber wir sollten hier in den sozialen Netzwerken vielleicht einfach mit mehr Achtsamkeit unterwegs sein und uns selbst, unsere Influencer/innen und deren angepriesene Produkte genauer hinterfragen?! Dieser Artikel wurde verfasst von mir (M. L. - Praktikantin bei Psytastic). Er wurde gründlich recherchiert und mit bestem Wissen verfasst. Wenn ich darin allerdings von „ich“ spreche, meine ich meine persönliche Ansicht, welche nicht zwingend generell mit Psytastic als Organisation übereinstimmen muss.


Quellen

Mähner, P. M., Riede, C.,  Tscheulin, D. K. (2024). Die Dualität des Neids im Kontext des Influencer-Marketings. Springer. https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-658-42282-0_36-1
 
Schink, N. (2020). UNFOLLOW! Wie Instagram unser Leben zerstört. Eden Books.
 
Borchers, N. S. (2022). Zu den Ursachen der Bewunderung von Social-Media-Influencer*Innen. https://brill.com/downloadpdf/display/book/edcoll/9783846766644/BP000019.pdf 
 
https://www.psytastic.de/post/neid-ist-nicht-gleich-neid-vom-beneiden-und-missgönnen-oder-vom-wetteifern-und-beneiden 
 
Bildquelle:
https://pixabay.com/de/illustrations/influencer-social-media-frau-person-4492841/ 

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