Teil 2

Jede*r von uns verbringt einen großen Teil seines oder ihres Lebens mit Schlaf. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Schlafstörungen, oder zumindest Probleme mit dem Schlaf, viele Menschen beschäftigt. Bei Befragungen ist es sogar so, dass etwa 30% angeben Schlafprobleme zu haben [3]. Schaut man sich deren Schlaf dann aber im Schlaflabor an, sind die Zahlen schon deutlich niedriger [3]. Das liegt unter anderem daran, dass Mythen, wie sie im dazugehörigen Blogbeitrag besprochen wurden, noch sehr verbreitet sind. So kann es sein, dass jemand der 6 Stunden schläft und damit eigentlich zufrieden ist aber glaubt, mindestens 8 Stunden schlafen zu müssen und daher seinen Schlaf als schlechter bewertet, als er tatsächlich ist [3].
Dennoch bleiben Schlafstörungen ein Thema, das für viele Menschen relevant ist. Wenn man daran denkt, was einen nicht schlafen lässt, fallen einem die verschiedensten Dinge ein: beruflicher Stress, private Probleme, gesundheitliche Beschwerden, Lärm, Licht und vieles mehr [5]. Es hat sich gezeigt, dass vor allem Stress sich negativ auf den Schlaf auswirkt. Das passt auch dazu, dass die Rate an Schlafstörungen bei Menschen mit bestimmten gesundheitlichen Beschwerden deutlich höher ist. Zum Beispiel zeigen knapp 50% der Patient*innen, die unter Depressionen oder Angstzuständen leiden, Schlafstörungen.
Was genau sind aber Schlafstörungen überhaupt? Meistens werden sie in zwei übergeordnete Gruppen eingeteilt: Die Insomnie und die Hypersomnie [3]. Beide werden hier gleich noch genauer beschrieben. Teilweise wird auch eine dritte Kategorie besprochen, nämlich die Störungen mit REM-Schlaf-Dysfunktion [1]. Das sind Schlafstörungen, bei denen vor allem der REM-Schlaf der Patient*innen beeinträchtigt ist.
Hypersomnie
Die Hypersomnie zeigt sich vor allem durch eine übermäßige Schlafdauer und Schläfrigkeit [3]. Hier ist besonders die Narkolepsie bekannt und vielfach untersucht [3]. Bei dieser Störung leiden Patient*innen unter starker Schläfrigkeit am Tag, vor allem aber auch unter wiederholten, kurzen Schlafattacken [3]. Diese dauern 10-15 Minuten und treten in den unterschiedlichsten Situationen auf, zum Beispiel im Gespräch, beim Essen, Laufen, Fahren, Arbeiten, und so weiter [1]. Außerdem tritt bei einigen Patient*innen zusätzliche eine Kataplexie auf, bei der die Muskeln plötzlich ihre Anspannung verlieren, sodass Betroffene zum Beispiel Dinge fallen lassen [1,3]. Durch die hohe Schläfrigkeit bemerken Patient*innen oft auch Konzentrationsstörungen oder Beeinträchtigungen ihrer kognitiven und motorischen Fähigkeiten [1]. Vor allem wird aber auch der Schlaf oft als nicht erholsam empfunden, selbst wenn er sehr lange andauert (über 10 Stunden) [1].
Insomnie
Die Insomnie umfasst alle Schlafstörungen, bei denen das Ein- oder Durchschlafen beeinträchtigt ist [1]. Damit einher geht oft frühes Aufwachen am Morgen, das Gefühl, dass der Schlaf nicht erholsam ist, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsprobleme, erhöhte Gereiztheit, Muskelschmerzen und auch affektive Beeinträchtigungen bis zu Depressionen oder Angstzuständen [1].
Darunter fallen einige verschiedene Störungen, wie zum Beispiel das bekannte Restless Legs Syndrome (RLS) [1,3]. Das ist eine Bewegungsstörung, die 10% der Erwachsenen betrifft, bei der im unteren Bein unangenehme Gefühle entstehen, sodass man ein starkes Bedürfnis hat, die Beine zu bewegen [1]. Aber auch andere solche Syndrome und Störungen bestehen aus abnormalen Bewegungen im Schlaf3. Sie alle haben gemeinsam, dass sie den Schlaf unterbrechen oder zumindest stören, sodass er einen Teil seiner Erholsamkeit verliert.
Zur Behandlung solcher Störungen gibt es verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit wäre das Verschreiben von Schlafmitteln. Das Problem hierbei ist aber, dass sich schnell eine Toleranz aufbaut, sodass die Patient*innen immer mehr von dem Medikament benötigen würden. Außerdem machen sie schnell abhängig, sodass es nicht lange dauert, bis Patient*innen ohne das Mittel noch größere Schlafprobleme haben als zuvor.
Deshalb versucht man oft auch einige alternative Behandlungsmethoden. Eine davon ist die Schlafrestriktion, bei der man die Schlafmenge zunächst beträchtlich reduziert und zeitlich stark eingrenzt, bevor man sie wieder schrittweise auf eine angebrachte Länge erhöht [2,3].
Intervention: Schlafhygiene
Eine der zentralsten Interventionen im Bereich der Insomnie ist aber die Schlafhygiene. Das sind Verhaltensweisen, die dabei helfen sollen, guten Schlaf zu fördern 2. Letztendlich handelt es sich um eine ganze Reihe an Regeln, die Menschen mit Schlafstörungen befolgen sollten. Vielen wird beim Lesen auffallen, dass sie einige der Regeln nicht befolgen, wenn nicht sogar den absoluten Großteil oder alle. Das ist aber auch gar kein Problem, solange man einen erholsamen und ausreichenden Schlaf hat. Nur, wenn das nicht mehr gegeben ist, biete die Schlafhygiene Ansatzpunkte, über die man austesten kann, wie man den Schlaf wieder zu seinem vorherigen Normalzustand bringen kann.
Reizkontrolle
Eine der wichtigsten Regeln ist, dass man das Bett soweit möglich nur zum Schlafen nutzen sollte [2]. Das bedeutet, dass man dort nicht fernsehen, lesen, essen, grübeln oder sonstige Dinge tun sollte [4]. Am besten wäre es sogar, wenn sich gar kein Fernseher oder auch keine Bücher im Schlafzimmer befinden. Das hat den Grund, dass das Bett für das Gehirn ganz klar mit Schlafen und mit nichts anderem verbunden sein sollte. Wenn man häufig im Bett fernseht oder liest, kann es sein, dass man dort nicht mehr so schnell müde wird, weil das Gehirn im Bett auf Spaß eingestellt ist. Oder man grübelt dort häufig und macht sich Sorgen, sodass das Bett mit negativen Emotionen verbunden wird und man weniger Lust hat zu schlafen.
Feste Zeiten
Nach der Schlafhygiene ist es wichtig, ganz feste Einschlaf- und Aufstehzeiten zu haben, an die man sich auch unbedingt halten sollte [4]. Dabei gibt es aber immer noch den Aspekt der Reizkontrolle zu beachten. Wenn man nach 10-20 Minuten liegen noch nicht eingeschlafen ist, sollte man wieder aufstehen und sich anderweitig beschäftigen [4]. Erst, wenn man dann wieder müde ist, sollte man sich erneut ins Bett legen und versuchen einzuschlafen. Schläft man dann nach etwa 20 Minuten wieder nicht, wiederholt man den Prozess. Das hat zum Ziel, dass man die Zeit im Bett, die man nicht schläft, möglichst weit reduziert. Außerdem sollte man wenn möglich auf Mittagsschlaf verzichten, da dadurch das Schlafbedürfnis am Abend gesenkt ist [2,4]. Wenn es dann doch passiert, sollte man die Zeit, die man mittags geschlafen hat, von der geplanten Schlafzeit abends abziehen.
Gedankliche Strategien
Es ist auch wichtig, dass man sich aktiv vom Sorgen abhält [4]. Dazu gibt es verschiedene Strategien. Zum Beispiel sind die selbsterfüllenden Prophezeiungen ein häufiges Problem. Wenn man häufig schlecht schläft haben viele schon beim Zubettgehen Gedanken wie „Heute kann ich bestimmt wieder nicht schlafen“. Das Problem ist, dass solche Gedanken Anspannung erzeugen oder auch wütend machen. Dadurch wird der Körper aktiver und es fällt schwerer einzuschlafen, was die Befürchtung dann wiederum bestätigt [4]. So kann sich leicht ein Teufelskreis aufbauen. Es gibt aber auch viele Menschen, die nachts zu „Gedankenlawinen“ neigen, bei denen sich also im Bett eine Menge an irrationalen oder negativen Gedanken aufdrängen. Dann kann es helfen, sich alle Gedanken, also gute und auch schlechte, aufzuschreiben und für die hinderlichen Gedanken positive Alternativen zu entwickeln.
Aktivitäten und körperliche Betätigung
Auch was man tagsüber macht hat eine Auswirkung auf den nächtlichen Schlaf. So hilft es, wenn man tagsüber schöne Dinge macht, die einem Spaß machen, da sie eine höhere generelle Zufriedenheit bringen, was wiederum den Schlaf verbessern kann [4]. Nicht zu vergessen ist auch die körperliche Betätigung. Regelmäßige Sport hilft bei Schlafstörungen, dafür muss er gar nicht besonders anstrengend sein [2]. Gerne darf die Betätigung in Maßen sein, solange sie dafür öfter stattfindet. Trotzdem muss man auch hier aufpassen: Macht man zu kurz vorm Schlafengehen noch Sport, ist der Körper noch aktiviert und das Einschlafen wird schwieriger. Also besser 4-6 Stunden vor dem Einschlafen nochmal rausgehen und laufen [4]! Dann ist man zur Schlafenszeit auf jeden Fall entspannter. Dabei helfen zusätzlich auch noch Entspannungsübungen, aber auch ruhige Belohnungen, wie ein heißes Bad oder ein Besuch in der Sauna [4].
Darauf sollte man verzichten
Häufig versucht man nach einer schlechten Nacht mit einer Tasse Kaffee besser durch den Tag zu kommen. Oder trinkt ein Glas Wein, um besser einzuschlafen. Koffein, Alkohol und Tabak sollten aber auf jeden Fall vermieden werden, wenn sich eine Schlafproblematik entwickelt hat [2,4]. Vor allem abends sollte man keinen Kaffee mehr zu sich nehmen. Aber sogar Koffein am Morgen kann sich negativ auf die Nachtruhe auswirken. Außerdem kann es hilfreich sein, die Uhr aus dem Schlafzimmer zu verbannen, oder zumindest nicht mehr direkt am Bett zu lassen [4]. Wird man nachts wach und schaut auf die Uhr, kann es passieren, dass man bemerkt, dass man nur noch wenige Stunden zu schlafen hat. Das kann Ärger auslösen, oder auch Sorgen, dass der restliche Schlaf nicht ausreichen wird. Das wiederum stört dann die Entspannung und den darauf folgenden Schlaf.
Also merkt euch...
Letztendlich ist es vor allem auch wichtig, sich selbst nicht zu viel Druck und Gedanken um den Schlaf zu machen. Meist führt beides nicht dazu, dass man besser schläft oder sich erholter fühlt [4].
Persönlich wichtig ist mir hier noch, dass solche Tipps der Schlafhygiene helfen können, bei ernsthaften Schlafproblemen ersetzen sie aber keine ärztliche Behandlung. Solltet ihr also merken, dass ihr durch schlechten Schlaf erheblich beeinträchtigt seid, können Ärzt*innen und Behandler*innen wesentlich besser weiterhelfen und auch abklären, ob nicht vielleicht doch eine körperliche Ursache hinter den Problemen stecken.
Quellen
Chokroverty, Sudhansu (2010): Overview of sleep and sleep disorders. In: The Indian Journal of Medicine Research 131, S. 126–140.
Jefferson, Catherine D.; Drake, Christopher L.; Scofield, Holly M.; Myers, Eric; McClure, Tara; Roehrs, Timothy; Roth, Thomas (2005): Sleep hygiene practices in a population-based sample of insomniacs. In: Sleep 28 (5), S. 611–615. DOI: 10.1093/sleep/28.5.611 .
Pinel, John P. J.; Pauli, Paul (2012): Biopsychologie. 8., aktualisierte Auflage. München, Harlow, Amsterdam: Pearson Higher Education (Always learning). Online verfügbar unter http://lib.myilibrary.com/detail.asp?id=505952.
Stepanski, Edward J.; Wyatt, James K. (2003): Use of sleep hygiene in the treatment of insomnia. In: Sleep medicine reviews 7 (3), S. 215–225. DOI: 10.1053/smrv.2001.0246 .
Wohlers, Katja; Hombrecher, Michaela (2017): Schlaf gut, Deutschland – TK-Schlafstudie 2017. Hamburg: Techniker Krankenkasse.