
Liest du, weil dich ein Thema interessiert, bist du intrinsisch motiviert. Liest du für eine gute Note, bist du extrinsisch motiviert.
Warum Motivation so wichtig ist
Motivation beeinflusst unser Verhalten, unsere Entscheidungen und unser Wohlbefinden. Sie entscheidet, ob wir morgens voller Energie aus dem Bett springen oder ob sich jeder Schritt wie ein Kraftakt anfühlt. Besonders im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen – sei es bei Dir selbst oder einer nahestehenden Person – spielt Motivation eine entscheidende Rolle. Doch Motivation ist nicht gleich Motivation: Während intrinsische Motivation aus unserem Inneren heraus entsteht, wird extrinsische Motivation durch äußere Anreize beeinflusst. Doch welche ist hilfreicher? Und wie kannst Du dieses Wissen im Alltag nutzen, um sowohl Dich selbst als auch Deine Angehörigen zu unterstützen?
Intrinsische vs. extrinsische Motivation: Was steckt dahinter?
Intrinsische Motivation: Dein innerer Antrieb
Intrinsische Motivation bedeutet, dass Du eine Tätigkeit aus reiner Freude daran ausübst – ohne dass äußere Belohnungen oder Konsequenzen eine Rolle spielen. Ein gutes Beispiel ist das Lesen eines Buches, weil Dich das Thema interessiert, oder das Malen eines Bildes, weil es Dir Spaß macht. Auch das Erlernen einer neuen Fähigkeit, einfach aus Neugier oder persönlichem Interesse, fällt darunter. Nach Deci & Ryan ist intrinsische Motivation eng mit der Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, SDT) verknüpft. Diese besagt, dass drei psychologische Grundbedürfnisse erfüllt sein müssen, damit intrinsische Motivation entsteht:
1. Autonomie: Das Gefühl, selbstbestimmt handeln zu können.
2. Kompetenz: Die Wahrnehmung, in einer Sache Fortschritte zu machen.
3. Soziale Eingebundenheit: Das Gefühl, mit anderen verbunden zu sein.
Gerade im Umgang mit psychisch erkrankten Angehörigen ist das wichtig. Denn je mehr sich ein Mensch als handlungsfähig und selbstwirksam erlebt, desto eher kann er Motivation aus sich selbst heraus aufbauen.
Extrinsische Motivation: Der äußere Antrieb
Im Gegensatz dazu entsteht extrinsische Motivation durch äußere Einflüsse – zum Beispiel Belohnungen wie Geld oder Anerkennung oder durch Sanktionen wie Strafen oder sozialen Druck. Ein typisches Beispiel ist das Arbeiten für ein Gehalt oder das Lernen für eine Prüfung, um eine gute Note zu bekommen. Ryan & Deci unterscheiden verschiedene Stufen der extrinsischen Motivation, je nachdem, wie sehr sie mit den eigenen Werten übereinstimmt:
• Externe Regulation: Eine Handlung wird nur ausgeführt, um eine Belohnung zu bekommen oder eine Strafe zu vermeiden.
• Introjizierte Regulation: Eine Handlung erfolgt aus Schuldgefühlen oder Scham heraus.
• Identifizierte Regulation: Man erkennt den Sinn einer Tätigkeit an, auch wenn sie keinen Spaß macht.
• Integrierte Regulation: Die Handlung entspricht den eigenen Werten und wird als selbstbestimmt empfunden.
Motivation im Kontext psychischer Erkrankungen
Psychische Erkrankungen können die Motivation stark beeinflussen, da sie oft mit Erschöpfung, Ängsten oder Antriebslosigkeit einhergehen. Menschen mit Depressionen zum Beispiel erleben häufig eine Blockade ihrer intrinsischen Motivation. In solchen Fällen können extrinsische Anreize – etwa feste Tagesstrukturen oder Verpflichtungen – kurzfristig helfen, dürfen aber nicht zur einzigen Strategie werden. Langfristig geht es darum, wieder kleine Momente der Freude zu entdecken und auszubauen.
Bei Angststörungen kann Motivation durch Unsicherheit gehemmt werden. Hier kann extrinsische Motivation helfen, indem Konfrontationen mit angstauslösenden Situationen belohnt oder mit positiven Routinen verknüpft werden. Gleichzeitig stärkt die Erfahrung, Herausforderungen gemeistert zu haben, langfristig die intrinsische Motivation. Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, Motivation aufrechtzuerhalten – besonders bei Aufgaben, die ihnen wenig Spaß machen. Hier können extrinsische Belohnungen helfen, aber auf Dauer ist es wichtig, Tätigkeiten abwechslungsreicher oder spielerischer zu gestalten, um auch die intrinsische Motivation zu fördern.
Was bedeutet das für Dich als Angehörige:r?
Wenn Du psychisch Erkrankte in Deinem Umfeld hast, kann dieses Wissen helfen, ihr Verhalten besser zu verstehen. Druck führt oft dazu, dass sich Betroffene zurückziehen. Ein Beispiel: Anstatt: „Du solltest öfter Sport machen, sonst geht es Dir immer schlechter!“Versuche es mal mit: „Ich habe eine neue Sportart entdeckt, die richtig Spaß macht – vielleicht hast Du Lust, mitzukommen?“
Auch intrinsische Motivation kann bewusst gefördert werden. Überlege, was Dein:e Angehörige:r früher gern gemacht hat. Wenn jemand mit Depressionen Schwierigkeiten hat, das Haus zu verlassen, kann ein einfacher Satz wie „Ich weiß, Du liebst es, Sonnenuntergänge zu fotografieren – sollen wir heute Abend zusammen losziehen?“ eine sanfte Einladung sein, Motivation wiederzuentdecken.
Selbstfürsorge für Angehörige: Motivation für Dich selbst
Nicht nur psychisch Erkrankte kämpfen mit Motivation – auch Angehörige stoßen oft an ihre Grenzen. Die Sorge um eine nahestehende Person kann viel Energie kosten, sodass man sich selbst aus dem Blick verliert. Genau hier wird Selbstfürsorge essenziell.
Wichtige Strategien:
• Setze realistische Ziele. Kleine Schritte sind nachhaltiger als große Umstellungen.
• Schaffe feste Routinen. Sie helfen, Struktur in Deinen Alltag zu bringen und bewusst Zeit für Dich einzuplanen.
• Finde heraus, was Dir Kraft gibt. Sport, Musik, Kreativität oder ruhige Momente für Dich allein – alles, was Dir guttut, ist wertvoll.
• Setze Grenzen. Du kannst nicht alles für andere tun – Dein eigenes Wohlbefinden zählt genauso.
Praxis-Tipp: Notiere drei Dinge, die Du täglich für Dich tun kannst, um Deine eigene Motivation zu erhalten. Denn nur, wenn es Dir selbst gut geht, kannst Du auch für andere da sein.
Wie Du Motivation für Dich nutzen kannst
Intrinsische Motivation ist langfristig nachhaltiger als extrinsische – aber oft schwerer zu aktivieren. Gerade im Umgang mit psychisch Erkrankten ist es wichtig, Druck herauszunehmen und stattdessen kleine, bedeutungsvolle Momente zu schaffen, die die innere Motivation stärken. Gleichzeitig solltest Du als Angehörige:r nicht vergessen, Deine eigene Motivation und Selbstfürsorge im Blick zu behalten.
🔹 Denke daran: Auch kleine Schritte sind Erfolge.🔹 Motivation ist ein Schlüssel für Veränderung.
Indem Du Motivation verstehst und gezielt einsetzt, kannst Du nicht nur anderen helfen, sondern selbst mehr Lebensqualität gewinnen. Wenn wir sie richtig nutzen, profitieren sowohl wir selbst als auch die Menschen um uns herum.
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