Self-Talk: Wie innere Dialoge über Sieg oder Niederlage entscheiden
- Steffi
- vor 17 Minuten
- 4 Min. Lesezeit

Warum es nicht egal ist, wie du mit dir selbst sprichst – und wie du deine innere
Stimme trainieren kannst
Wenn der Kopf lauter ist als der Gegner
Eine Sekunde Unaufmerksamkeit, ein Gedanke zu viel – und schon ist der Ball daneben, der Griff verrutscht, der Sprung misslingt. Im Sport entscheiden oft Millisekunden über Sieg oder Niederlage. Doch nicht immer ist der Körper der limitierende Faktor – häufig ist es der Kopf. Was in diesen Momenten passiert, kennen viele Sportler:innen (und eigentlich jeder Mensch): „Das schaffe ich eh nicht…“, „Jetzt bloß keinen Fehler!“, „Warum klappt das nie?!“
Solche inneren Sätze – unser sogenannter Self-Talk – können motivieren oder sabotieren. Und sie wirken stärker, als man denkt.
Was ist Self-Talk – und warum ist er so mächtig?
Der Begriff „Self-Talk“ beschreibt die ständige Kommunikation mit uns selbst – laut
oder leise, bewusst oder unbewusst.
Sportpsycholog:innen wie James Hardy definieren ihn als „verbale Äußerungen an das eigene Selbst, die verschiedene psychologische Funktionen erfüllen“. Übersetzt heißt das: Wie du mit dir redest, beeinflusst, wie du dich fühlst und was du tust.
Beispiel:
- Negativer Self-Talk: „Ich darf auf keinen Fall versagen!“ → Druck, Nervosität,
Fehler
- Positiver Self-Talk: „Ich atme ruhig, ich habe das geübt.“ → Fokus, Sicherheit,
bessere Leistung
Klingt simpel? Ist es – und gleichzeitig erstaunlich wirksam.
Zwei Arten innerer Gespräche
1. Instruktiver Self-Talk – also Selbstanweisungen:
„Ellbogen hoch“, „Fokus auf den Griff“, „Ruhig atmen“
→ Unterstützt die Konzentration und Technik. Besonders nützlich im Training oder
beim Erlernen neuer Bewegungen.
2. Motivationaler Self-Talk – also Selbstermutigung:
„Ich zieh das durch!“, „Komm, noch einmal!“, „Ich kann das!“
→ Wirkt aktivierend, verringert Erschöpfung und stärkt Durchhaltevermögen – vor
allem in Wettkampfsituationen.
Die Forschung zeigt, dass beide Formen effektiv sind, wenn sie gezielt eingesetzt
werden.
Wie funktioniert Self-Talk im Gehirn?
Self-Talk wirkt auf mehreren Ebenen gleichzeitig:
- Konzentration: Durch Selbstanweisungen lenken wir unsere Aufmerksamkeit gezielt
auf das, was wichtig ist – und blenden Störreize aus.
- Selbstwirksamkeit: Wiederholte positive Selbstgespräche stärken das Vertrauen in
die eigene Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern
In der Psychologie spricht man hier von kognitiver Selbstregulation – also der Fähigkeit, die eigenen Gedanken so zu steuern, dass sie Verhalten und Leistung gezielt unterstützen.
Warum Gedanken Emotionen steuern – die theoretische Basis
Die Wirkung von Self-Talk lässt sich durch klassische psychologische Modelle erklären. Bereits Ellis zeigte mit seiner „Rational-Emotive Behavior Therapy“, dass nicht Ereignisse selbst unsere Gefühle bestimmen, sondern die Gedanken, mit denen wir sie bewerten.
Ein Beispiel: Zwei Athlet:innen scheitern im Training.
Die eine denkt: „Ich bin einfach schlecht.“
Die andere: „Fehler sind Teil des Prozesses.“
Gleiche Situation – unterschiedliche emotionale Reaktion.
Auch Meichenbaum griff diese Idee auf. Er entwickelte das Selbstinstruktionstraining,
bei dem gezielte Selbstanweisungen helfen, Aufmerksamkeit und Emotionen bewusst
zu lenken. Diese Methode bildet die Grundlage für heutige Self-Talk-Techniken im
Leistungssport.
Beide Ansätze zeigen: Wer seine inneren Dialoge verändert, verändert auch seine
Gefühle – und damit letztlich sein Verhalten.
Wie du Self-Talk selbst anwenden kannst
Self-Talk ist trainierbar – wie ein Muskel. Und genau wie beim Krafttraining braucht
es Wiederholung und Systematik. Hier sind fünf praxisnahe Tipps:
1. Wähle deine Worte bewusst:
Ersetze destruktive Gedanken („Ich bin zu schlecht“) durch unterstützende („Ich
wachse an dieser Aufgabe“).
2. Formuliere kurz und klar:
Kurze, aktive Sätze wirken am besten: „Bleib ruhig.“ „Fokus!“ „Atme.“
3. Übe regelmäßig:
Wiederholung ist entscheidend. Sprich deine Sätze im Training, nicht erst im
Wettkampf.
4. Passe den Self-Talk an den Moment an:
Instruktiv im Training, motivierend im Wettkampf.
Beispiel: „Technik zuerst“ → „Jetzt alles geben!“
5. Mach’s persönlich:
Entwickle eigene Schlüsselwörter oder Mantras. Sie sollen natürlich klingen und zu
deiner Persönlichkeit passen.
Grenzen und offene Fragen
Die Forschung zeigt klare positive Effekte, aber auch Grenzen: Viele Studien hatten kleine Stichproben, kurze Trainingsphasen und subjektive Messungen. Noch ist unklar, wie lange die Wirkung anhält und welche neurobiologischen Prozesse genau beteiligt sind.
Trotzdem gilt: Self-Talk ist eine der bestuntersuchten und am leichtesten umsetzbaren
mentalen Techniken überhaupt.
Fazit
Wenn du das nächste Mal denkst, „Ich kann das nicht“ – ersetze es durch „Ich probiere
es. Ich wachse daran.“ Dein Gehirn hört zu. Und glaubt dir.





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