Psychotherapie kann in vielen Formen und Arten durchgeführt werden und dadurch auch bei
verschiedensten Problematiken hilfreich sein. Von den Krankenkassen wird die Durchführung
verschiedener sogenannte Richtlinienverfahren finanziert. Zu diesen Verfahren zählen die kognitive Verhaltenstherapie, die systemische Therapie, die Psychoanalyse und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Die Psychoanalyse und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, auch TP genannt, zählen dabei zu den psychodynamischen Therapieverfahren. Außerdem kann man dazu spezielle tiefenpsychologische Verfahren, wie die Gestaltungs-/Kunst- oder die Musiktherapie, zählen.
Grundannahmen der psychodynamischen Therapien
Psychodynamische Therapien führen Probleme auf Spannungen zwischen unbewussten Impulsen und Schranken, die ihre Lebenssituation hervorbringt, zurück. Der Kern des Problems liegt also in der Person selbst und nicht im Umfeld, dadurch kann eine Lösung jedoch auch durch eine Therapie der betroffenen Person erlangt werden.
Psychoanalyse
Die Psychoanalyse gilt als Urform der Psychotherapie, die Ende des 19. Jahrhunderts vor allem von Sigmund Freud geprägt wurde. Laut Freud gehen Probleme auf unbewusste Konflikte zurück, die in der Kindheit entstanden sind. Der Heilungsprozess lag ihm nach in der Bewusstwerdung der verdrängten Erinnerungen. Grundlage der Psychoanalyse sind Gespräche zwischen Patient und Therapeut. Der Patient berichtet seinen Lebensweg, wodurch unbewusste Konflikte aus der Kindheit oder Jugend erkannt werden können. Diese unbewussten Konflikte führen unaufgedeckt häufig zu Problemen. Ein Beispiel ist das kindliche Bedürfnis nach Geborgenheit, wenn dieses von den Eltern nicht erfüllt wird, leidet das Kind. Im Prozess des Erwachsenwerdens verdrängt das Kind diese Bedürfnisse und auch die damit verbundenen Enttäuschungen. Dieser Konflikt kann in späteren Beziehungen zu Problemen führen, wenn sich daraus eine Angst vor Zurückweisung entwickelt und dadurch dem Aufbau von Nähe entgegensteht.
In der Psychoanalyse werden dem Patienten diese unbewussten Motive bewusst und ein Zusammenhang zu den aktuellen Problemen deutlich, dadurch können Lösungswege gefunden werden. Für viele Patienten ist jedoch allein die Einsicht in den Hintergrund des Problems bereits sehr hilfreich. Im typischen Setting liegt der Patient während der Therapie auf einem Sofa, der Therapeut sitzt hinter ihm. Der Therapeut ist dadurch nicht sichtbar für den Patienten und spricht während der Therapie auch wenig, dadurch kommt es zu weniger Beeinflussung und Ablenkung des Patienten. Während der Therapie wird die Technik der freien Assoziation eingesetzt. Die typische Handlungsaufforderung lautet, dass der Patient alles, was er gerade denkt, fühlt oder wahrnimmt, aussprechen soll. Dabei ist es besonders wichtig, dass auch unangenehme oder als unwichtig wahrgenommene Dinge ausgesprochen werden, da vor allem darin unbewusste Motive zum Ausdruck kommen können.
Neben der freien Assoziation ist auch die Übertragung ein wichtiger Begriff der Psychoanalyse. Als Übertragung bezeichnet man, dass Patienten sowohl Wünsche, als auch Konflikte auf andere Beziehungen übertragen. Diese Übertragung kann sowohl im Privatleben zu Problemen führen aber sich in der Therapie auch auf den Therapeuten beziehen. Übertragungen bieten wichtige Einblicke in zurückliegende Erfahrungen und Motive von Menschen, wichtig ist es jedoch, die Übertragung erst einmal zu erkennen und auf die zugrundeliegenden Motive zu schließen. Da auch Therapeuten ihre eigenen Motive haben, kann es auch zu Gegenübertragungen kommen, beispielsweise wenn der Therapeut durch frühere Erfahrungen einen Patienten unsympathisch findet. Diesem Phänomen versuchen Therapeuten durch viel Selbstreflexion aber auch Supervision und Intervision
entgegenzuwirken.
Dauer der Psychoanalyse
Eine Psychoanalyse wird in der Regel über mehrere Jahre durchgeführt, mit mehreren Sitzungen pro Woche und ist damit eins der langwierigsten psychotherapeutischen Verfahren. Damit erfordert es auch viel Engagement vom Patienten, zudem kann durch die Länge und Häufigkeit eine enge Bindung zum Therapeuten entstehen. Diese Bindung muss von beiden Seiten gut beobachtet werden, sodass es zu keiner unprofessionellen Nähe kommt. Falls es jedoch zu solch starken Sympathien und Anziehungen kommt, müssen diese in der Therapie angesprochen und bearbeitet werden, da der Therapieerfolg sonst gefährdet ist.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist eine neuere Weiterentwicklung der Psychoanalyse. Wie in der Psychoanalyse werden auch hier Probleme in verdrängten Konflikten gesehen. Im Gegensatz zur Psychoanalyse ist die TP zeitlich begrenzter, sodass sich auf die wichtigsten Konflikte im Hier und Jetzt fokussiert wird. Kindliche Entwicklungsproblematiken werden dabei außen vor gelassen. Der Patient gewinnt sowohl in seine Emotionen als auch die Struktur der zugrundeliegenden Konflikte Einsicht. Des Weiteren sitzt der Patient dem Therapeuten gegenüber, der Therapeut nimmt dadurch auch eine aktivere Rolle ein. Auch in der TP kann die freie Assoziation durchgeführt werden, häufig werden aber mehr Fragen zu Problemen und dem Empfinden des Patienten gestellt. Die Dauer ist auf höchstens zwei Jahre beschränkt und meist gibt es nur ein oder zwei Sitzungen pro Woche. Durch dieses moderne Setting und die veränderte Atmosphäre wird heutzutage die TP häufiger als die Psychoanalyse durchgeführt.
Quellen
Dobmeier, J. (2020, 20. Februar).
Psychoanalyse. NetDoktor. https://www.netdoktor.de/therapien/psychotherapie/psychoanalyse/
Dobmeier, J. (2021, 25. August).
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. NetDoktor. https://www.netdoktor.de/therapien/psychotherapie/tiefenpsychologisch-fundierte-psychotherapie/
Ermann, M. & Waldvogel, B. (2008). Psychodynamische Psychotherapie — Grundlagen und
klinische Anwendungen. In Springer eBooks (S. 703–742). https://doi.org/10.1007/978-3-540-33129-2_30
Gerrig, R. J. & Zimbardo, P. G. (2014).Psychologie
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