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Der Geist auf Wanderschaft – Quälen uns Gedanken?


Der Mensch besitzt im Gegensatz zu Tieren die Fähigkeit über Dinge bewusst nachzudenken und zu reflektieren. Wir verbringen kaum eine freie Minute ohne dass wir uns Gedanken über die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft machen. Wenn wir über bestimmte Sachverhalte nachdenken – beispielsweise bei der Arbeit – ertappen wir uns manchmal dabei wie unsere Gedanken zu einem völlig anderen Thema abschweifen. Der Geist wandert dann von sogenannten ‚reizabhängigen‘ zu ‚reizunabhängigen‘ Gedanken. Reizunabhängig bedeutet, dass jemanden Gedanken in den Sinn kommen, die nichts mit der aktuellen Aufgabe zu tun haben. Dieses Phänomen ist unter dem Begriff ‚Wandernder Geist‘ (engl.: Wandering Mind oder Mindwandering) bekannt und fällt in dem theoretischen Modell von Christoff et al. (2016) unter die Kategorie ‚Spontane Gedanken‘ (engl.: Spontaneous Thoughts). Die Autoren definieren spontanes Denken als einen geistigen Zustand oder eine Sequenz von spontanen Gedanken, die relativ frei entstehen können und frei von inhaltlichen Beschränkungen sind.


Von vielen Menschen werden diese wandernden Gedanken als lästig oder sogar emotional belastend empfunden. Spontane Gedanken sind aber nicht gleichzusetzen mit dem Gedankenkonstrukt des ‚Grübelns‘ oder des ‚zwanghaften Denkens‘. Sie besitzen zwar alle die Gemeinsamkeit in der Regel reizunabhängig zu sein, die Dynamik des Grübels ist jedoch eine andere. Beim wandernden Geist bewegen sich die Gedanken frei von einem Thema zum nächsten. Beim Grübeln hingegen sind die Gedanken oft auf ein bestimmtes Thema fixiert beziehungsweise kreisen um dieses. Neben dem wandernden Geist fallen zwei weitere Arten von Gedanken in das Raster des spontanen Denkens: Träumen und Kreatives Denken. Dabei verorten die Autoren Christoff et al. (2016) kreatives Denken nah am zielgerichteten (reizabhängigen) Denken.


Die Untersuchung des Phänomens des wandernden Geistes ist ein aufkommendes Forschungsgebiet. Oft steht dabei die Frage im Vordergrund, welche emotionalen und/ oder leistungsbezogenen Konsequenzen aus einem wandernden Geist erwachsen. Methodisch betrachtet verfügen viele Studien jedoch nur über eine kleine Anzahl an Teilnehmenden. Dies liegt daran, dass die zuverlässigste Methode zur Erfassung von Emotionen unter realen Umständen die Erfahrungsstichprobenerhebung darstellt. Bei dieser werden die Teilnehmenden zu einem zufälligen Zeitpunkt während einer ihrer täglichen Aktivitäten (bspw.: Arbeit) aufgefordert, ihre momentanen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zu beschreiben. Diese Datenerhebung ist in der Regel sehr aufwendig und kostspielig.



Studie 1: Wandernder Geist = Unglücklicher Geist?

Die Autoren Killingsworth und Gilbert (2010) gingen in ihrer Forschungsarbeit der Frage nach, ob ein wandernder Geist ein unglücklicher Geist sei. Das beschriebene Problem der kleinen Stichprobengrößen lösten sie, indem sie eine App entwarfen, die es ermöglichen sollte, eine große Datenmenge an Echtzeitreports (real-time Sample) der Teilnehmenden zu sammeln. Die App (Track Your Happiness) benachrichtigte die Teilnehmenden zufällig während ihrer wachen Zeit und stellte ihnen gezielt Fragen zu derzeit ausgeübten Aktivitäten sowie zu wandernden Gedanken. Die Antworten wurden in einer Datenbank gesammelt.


Die Analyse der Ergebnisse offenbarte drei Fakten:

  1. Der Geist der Teilnehmenden wanderte regelmäßig unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit. Wandernde Gedanken traten bei insgesamt 46 % der Teilnehmenden auf sowie bei mindestens 30 % der Teilnehmenden während jeder ihrer Aktivitäten. Interessanterweise hatte die Art der Aktivität dabei kaum einen Einfluss darauf, ob die Gedankten abschweiften.

  2. Die statistische Auswertung ergab, dass die Teilnehmenden, egal um welche Aktivität es sich handelte, weniger glücklich waren, wenn ihre Gedankten abschweiften und

  3. die Art des Denkens war ein stärkerer Prädiktor für die empfundene Glücklichkeit der Teilnehmenden als ihre eigentlichen Aktivitäten.

Killingsworth und Gilbert (2010) schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass der wandernde Geist kein glücklicher Geist ist. Vielmehr geht die komplexe Fähigkeit des Denkens bei Menschen mit emotionalen Kosten einher.

Studie 2: Der Geist im Defaul mode


Es scheint als ob ein unbeschäftigter Geist nicht gerne mit sich alleine ist.

Exkurs: Wandernde Gedanken in der Meditationspraxis

Brandmeyer und Delorme (2021) beschreiben in ihrem Artikel den Zyklus des wandernden Geistes während der Meditationspraxis. Durch eine regelmäßige Meditationspraxis sei laut den Autoren die Kultivierung eines Bewusstseins für die wandernden Gedanken möglich. Sie haben folgenden Meditationszyklus im Kontext der wandernden Gedanken postuliert:

  1. Die Meditierenden fokussieren ihre Aufmerksamkeit.

  2. Im Verlauf der Meditation fängt ihr Geist an zu wandern.

  3. Daraufhin werden die Meditierenden sich ihres wandernden Geistes bewusst und

  4. fokussieren auf ein Neues ihre Aufmerksamkeit.

Exkurs: Monkey Mind



Quellen


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