Egal, ob er bei der anstehenden Hochzeit, dem Geburtstag oder den Karnevalsfeierlichkeiten fließt, in Deutschland herrscht eine positive Einstellung gegenüber Alkohol – immerhin dürfen hier auch 16-Jährige legal Alkohol kaufen und konsumieren. Mit Sprüchen wie „Ach komm, nur ein Glas.“ oder „Sei doch kein Spielverderber!“ wird gerade um sich geworfen, wenn man sagt, dass man nicht trinkt. Denn Spaß ohne Bier und Wein ist für viele gerade so unvorstellbar. Und das, obwohl der Konsum nicht ganz so unbedenklich ist, wie es scheint.
Alkoholabhängigkeit – wie zeichnet sich Sucht aus?
Diagnostisch liegt eine Abhängigkeit vor, wenn u.a. wiederholt Alkohol konsumiert wird, obwohl physische Schäden entstehen, man wichtigen Verpflichtungen nicht mehr nachgehen kann, Probleme im sozialen Kontakt entstehen oder man keine Kontrolle mehr über seinen eigenen Konsum hat. In einer Studie belief sich die Menge alkoholabhängiger Personen auf 3,1% - hochgerechnet auf die Bevölkerung wären somit 1,6 Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Man kann allerdings von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.
Man schadet nicht nur sich selbst
Übermäßiger Alkoholkonsum ist nicht nur schädlich für Konsument*innen. Alkohol gilt als Risikofaktor für Gewalt generell und in Partnerschaften als Risikofaktor für häusliche Gewalt von Männern gegen Frauen. Betroffen sind jedoch nicht nur Partner*innen, es gibt auch viele Kinder, die mit mindestens einem alkoholabhängigen Elternteil aufwachsen. Schätzungen beruhen sich auf ca. 2,65 Millionen Kindern in Deutschland.
Insgesamt entsteht durch den Alkoholkonsum nahestehender Personen ein erheblicher psychischer Druck auf Angehörige, der oft nicht zu bewältigen scheint.
Co-Abhängigkeit
Die Probleme, die in solchen Dynamiken entstehen sind sehr vielfältig und je nach Situation unterschiedlich - denn jede Person nimmt die Lage anders auf. Eine nennbare Problematik ist die Co-Abhängigkeit (englisch Co-Dependency). Diese kommt in unterschiedlichen Beziehungsstrukturen und auch bei Angehörigen von alkoholabhängigen Menschen vor.
Für die Co-Abhängigkeit gibt es aufgrund der Komplexität des Konzepts viele Definitionen, die aufgestellt wurden. Genannt werden Gefühle der Machtlosigkeit und im Gegenzug den Glauben an die Macht Anderer, Schamgefühle und Überlastung. Außerdem wird beobachtet, dass bei einer hoher Involviertheit und Unterstützung durch die Angehörigen die Aufrechterhaltung des Alkoholproblems teilweise sogar ermöglicht wird.
Der Umgang mit der Alkoholabhängigkeit
Entscheidend, um in so einer belastenden Situation zurechtzufinden sind Copingstrategien, also Strategien zum Umgang mit der Situation. Welche genau die richtigen sind, den Angehörigen helfen und die Last heben sind von Person zu Person unterschiedlich.
Entscheidend ist es, Ressourcen wahrzunehmen und den Mut zu finden diese in Anspruch zu nehmen. Häufig wird berichtet, dass beispielsweise Stigmatisierungsangst, Zweifel und Unkenntnis oder auch Angst vor Schuldzuweisungen wie eine Hürde vor diesen Ressourcen stehen. Umso wichtiger ist es als Außenstehende Person Angehörige auf die verschiedenen Möglichkeiten aufmerksam zu machen - vor allem, wenn Suchthilfen im Umkreis eine schlechte Präsenz haben.
Außer Beratungsstellen und professionelle Hilfen gibt es auch unmittelbar zugänglichere Ressourcen wie die Unterstützung von Freund*innen und Familie, Freizeitaktivitäten und die Priorität auf sich selbst zu lenken. Sofern man vorher hoch involviert war, kann man eine eventuelle Zurückziehung als Selbstschutz erwägen, um u.a. Unabhängigkeit zu erlangen (siehe Blogeintrag: Grenzen setzen: Warum es wichtig ist, die eigenen Grenzen zu kennen und zu respektieren). Auch im Internet gibt es Chats spezifisch für Betroffene, bei denen man sich offen austauschen kann (z.B. Kreuzbund Chat).
Wichtig ist es die Verantwortung auf die alkoholabhängige Person zu legen, da diese das problematische Verhalten an den Tag legt. Man sollte sich selbst, insbesondere Kinder, sofern diese ebenfalls der Situation unterliegen, der Verantwortung entziehen. Eine Besserung wird sich erst zeigen, wenn die alkoholabhängige Person sich auf Hilfe einlässt.
Quellen
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